occulta3k

Nur das Land ist friedlich,
welches einen einzigen Herrscher hat, und nicht mehrere.
Ich habe in Königreichen mit zwei Autoritäten
keinerlei Glück gesehen;
So kann jemand mit geteilter Persönlichkeit niemals glücklich sein.
Kabir







Tamo und Rajo Guna - die rechte und die linke Seite
Auszug aus dem Buch The Third Advent von de Kalbermatten

Der Tamo- und Rajo Guna (der linke und rechte Energiekanal) drücken sich als Gegensätze in unzähligen Formen aus: da sind Mond und Sonne, Nacht und Tag, Frau und Mann, Gefühle und Gedanken. Es sind Adam und Eva, den Baum betrachtend. Die Pole sind jedoch nicht statisch, denn das Kalte kann sich erwärmen und die Hitze kann abkühlen; der Tag folgt der Nacht, Yin geht in Yang über und umgekehrt. Die Gegensätze tanzen miteinander, sind miteinander verwoben und balancieren einander in fließender Einheit. Hier beginnen Adam und Eva zu suchen. Das Spiel der Gegensätze läßt sich in natürlichen und sozialen Prozessen beobachten, wodurch sich einiges in der Dynamik von Kollektiven, sei es nun in Städten, Organisationen oder Gesellschaften erklären lässt. Die Gesetze der Polarität standen immer wieder im Fokus menschlicher Neugier und Künstler beschäftigten sich mit diesen in ihren Werken. So kann man zum Beispiel auf einer Insel nahe Mumbai, im Tempel von Elefanta, ein steinernes Monument aus dem 8. Jahrhundert bewundern, welches einen androgynen Shiva darstellt. Seine rechte Seite ist männlich und seine linke weiblich, wodurch ausgedrückt wird, dass zwischen Ihm und seiner Gemahlin völlige Integration besteht. Aber auch in den Texten chinesischer Weisheit, wie dem Tao te king, dem Kuang tzu und dem I Ging findet sich das Motiv der polaren Gegensätze.

Die Polarität im Mikrokosmos

Im Mikrokosmos Mensch beeinflussen die Gunas sowohl die gesamte Bandbreite aller kulturellen Besonderheiten als auch die verschiedenen Verhaltensweisen. In den Ausführungen der Bhagavad Gita finden wir eine vereinfachte Präsentation der Zweipoligkeit unseres psychosomatischen Aufbaus auf der Ebene des Mikrokosmos. Diese Aussagen haben erklärenden Charakter. Mit einer Liste von Gegensätzen könnte man Seiten füllen, wobei sich diese auf alle Menschen, ohne Unterschied ihrer Vergangenheit, Gegensätze, Rassen oder Kulturen angewenden lassen. Denn alle Menschen funktionieren in Übereinstimmung mit ihrem inneren Betriebssystem (Yanta), in dem sich Unterschiedie zwischen den einzelnen Persönlichkeiten und Charaktereigenschaften im Muster der energetischen Bewegung zwischen den Polen des Systems auf der Ebene jedes Chakras manifestieren. Der Mann mag vom Mars und die Frau von der Venus kommen; an uns liegt es zu erkennen, wie diese beiden gegensätzlichen Kräfte in jedem von uns zusammenwirken.


RECHTE SEITE......................... LINKE SEITE
Sympathisches Nervensystem
.... Parasympathisches Nervensystem
linke Gehirnhälfte
.....................rechte Gehirnhälfte
Ego
....................................... Superego
Leber
..................................... Herz
Gedanken
............................... Emotionen
Handlung
................................ Wunsch
geben
.................................... aufnehmen
systematisch
...........................nach Gefühl
in die Zukunft blickend
..............nostalgisch

Ich möcht Ihnen zeigen, auf welche Weise sich diese Art der Betrachtung auf die Interaktionen und Beziehungen zwischen Menschen auswirkt. Uns muss klar sein, dass wir alle auf die Gunas reagieren, ohne Unterschied ob wir Haushalter, Studenten oder Geschäftsmänner sind.

Sehen wir uns zu Beginn einige Beispiele aus der Geschäftswelt an. Heutzutage erwacht auch in diesem Bereich ein Interesse daran, die zugrunde liegenden Muster zu verstehen. Die globalen Spieler wollen das Verhalten, die Voraussetzungen und wahrscheinlichen Reaktionen von Geschäftspartnern aus anderen Kulturen begreifen. So sind beispielsweise bei der Beobachtung von Verhandlungsteams mit Teilnehmern aus verschiedenen Kulturen erhebliche Unterschiede in der Art und Weise wie es zu einem Geschäftabschluss kommt, festzustellen. Wir finden sowohl Verschiedenheiten in der Ehrerbietung, die dem Teamleader entgegengebracht wird, als auch in der Geschwindigkeit der Unterhandlungen, der Bedeutung von Beratungen, bevor eine Position eingenommen wird, der Wichtigkeit des Aufbaus von persönlichen Beziehungen, bevor über das Geschäft gesprochen wird, der Art wie Meinungsverschiedenheiten ausdrückt werden oder schließlich in der Bedeutung der gültigen Abkommen. Die Art wie Mitarbeiter ihren Firmenchef behandeln, ist ein weiteres kulturelles Merkmal. Wir registrieren Unterschiede in der Manipulation von Statussymbolen, im Gebrauch von Vornamen und in subtilen Beherrschungsmustern, wie zum Beispiel die Gewohnheit des Chefs eine Diskussion dadurch zu beeinflussen, indem er/sie seine/ihre Meinung als erstes kundtut. Das Aufwachsen in einer bestimmten Kultur produziert eine große Vielfalt von Führungsstilen, welche von autoritären bis zu demokratischen und zwanglosen Stilen reichen.

Ein Manager hält seine Bürotüre vielleicht geschlossen und schaltet das Telefon weg, um sich richtig konzentrieren zu können. Ein anderer wiederum zieht es vor, den Gang entlang zu gehen und Leute um sich herum zu haben. Möglicherweise spricht er über neue Ideen zuerst mit Kollegen, bevor er sich etwas aufschreibt. Wieder andere vertrauen auf Pläne, Daten und Bilder, um eine Sache zu präsentieren, während manche ihren Fokus lieber kurz und prägnant auf dringende Belange, strategische Beratungen und Empfehlungen richten. Aber was hat all das mit den Gunas zu tun?

In der Untersuchung der der linken und rechten Seite zugeordneten Eigenschaften gehen wir davon aus, dass die Gunas die verschiedenen Persönlichkeiten beeinflussen. Ihren Einfluss auf die Persönlichkeit im Managementbereich versuchte man in einer Managementtheorie zusammenzufassen. Sehen wir uns die vier Skalen des Myers-Briggs-Typindikators (MBTI) genauer an: Katherine Briggs und ihre Tochter Isabel Myers entwickelten diese Typologie basierend auf der von C.G. Jung, welcher in seiner Analyse der Archetypen der Theorie der Gunas gegenüber aufgeschlossen war. Er fand heraus, dass scheinbar zufällige Verhaltensweisen in spezifische Eigenschaftsprofile eingeteilt werden können. Dazu muss man wissen, dass Menschen mit bestimmten persönlichen Neigungen geboren werden, welche ihr Verhalten (und somit auch diese Eigenschaftsprofile), beispielsweise als Familienangehörige, Liebhaber oder Berufstätige, stark beeinflussen. Persönliche Neigungen beziehen sich auf die Art und Weise der Gehirnfunktion und bleiben den Rest des Lebens bestehen, obwohl sie durch angeeignetes Verhalten (wie die Schalen einer Zwiebel) in Folge Erziehung, den Umständen des Aufwachsens, der Schule und Laufbahn entstanden sind. Grundsätzlich können Menschen auch Fertigkeiten in Bereichen entwickeln, die nicht ihren Neigungen entsprechen. Dieser Prozess ist jedoch schwierig und nimmt Zeit und Energie in Anspruch.

Beim MBTI handelt es sich um ein geprüftes Referenzmodell zur Persönlichkeitseinschätzung, welches viele Jahre sowohl in Kleinbetrieben als auch in großen Gesellschaften, im Dienstleistungssektor, in der Fertigungsindustrie, in Beratungs- und Trainingsfirmen, sowie von Unternehmern und von Regierungen als analytisches Werkzeug verwendet wurde. Das Modell beruht auf der Einteilung der Persönlichkeitsstrukturen in zwei bipolare Skalen zu jeweils vier Funktionen (z.B. Extraversion/Introversion), welche wiederum mit den Attributen introvertiert/extrovertiert und rational/irrational verbunden sind. Dadurch entstehen acht Dimensionen; vier davon bilden einen Persönlichkeitstyp und benennen Neigungen, mit welchen sich zu bestimmten Zeiten jeder einmal konfrontiert sieht. Trotzdem ist der MBTI kein starres mechanisches Modell, da zwischen den Gegensätzen selbst regulierende Bewegungen möglich sind, wodurch sich Persönlichkeitsmuster entwickeln können. Die Gegensatzpaare werden hier im gebräuchlichen MBTI Format präsentiert, d.h. dass der rechte Guna auf der linken und der linke Guna auf der rechten Seite steht.

Beziehung zum Pingala Nadi (rechts) Beziehung zum Ida Nadi (links)
Extraversion - E Introversion - I
Sensing - S Intuition - I
Thinking - T Feeling - F
Judging - J Perceiving - P

SKALA 1 (Extraversion – Introversion) beschreibt die Motivation zur Sinneserfahrung:
E: Der außenorientierte Mensch bezieht die Energie mehr von außen, er ist kontaktfreudiger und handlungsbereiter.
I: Der innenorientierte Mensch bezieht seine Energie mehr aus seiner inneren Welt, aus seinen Ideen, Emotionen und Eindrücken.

SKALA 2 (Sensing – Intuition) beschreibt die Verarbeitung der Sinneseindrücke und die Art wie Menschen ihre Aufmerksamkeit gebrauchen:
S: Der sensorische Geist ist detailorientiert und gewandter im exakten Verarbeiten konkreter Information sowie im Einschätzen der Realität.
I: Der intuitive Geist verlässt sich stärker auf seine Vermutungen und Spekulationen.

SKALA 3 (Thinking – Feeling) beschreibt die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden:
T: Der Denker bevorzugt die analytische und logische Vorgehensweise. Er bevorzugt Organisation und Struktur.
F: Der Fühlende achtet mehr auf seine Emotionen und urteilt subjektiv nach seinen Gefühlen und berücksichtigt dabei vorwiegend Werte, Ideale oder zwischenmenschliche Aspekte.

SKALA 4 (Judging – Perceiving) beschreibt die Lebensausrichtung und Beziehungen in der äußeren Welt:
J: Der Urteilende bevorzugt ein geplantes Leben, einen bestimmten Zeitplan und die Kontrolle über seine Umwelt.
P: bevorzugt es im Fluss des Lebens zu bleiben, ist offen und flexibel und kann sich den Umständen anpassen.

Der MBTI Test hilft Menschen in ihrem privaten und öffentlichen Lebensbereich auf verschiedene Weise. Sie lernen sich und ihr Verhalten, ihre Stärken und wie sie in bestimmten Situationen wirken, besser zu verstehen, wodurch sie auch die Effektivität ihrer Kommunikation verbessern können. Weiters können sie lernen andere zu verstehen und die verschiedenen Persönlichkeitstypen konstruktiv einzusetzen, was zu den verschiedensten Herangehensweisen führt, um ein Problem zu lösen; Teamwork, Managementstil und Konfliktlösungsfähigkeiten verbessern sich. Die Typenanalyse hilft bei der Karriereberatung und der Maximierung des Potenzials der menschlichen Ressourcen für die jeweilige Organisation.

Während des MBTI Trainings werden die Dimensionen durch eine Reihe von Fragen ermittelt, wobei die Ergebnisse grafisch dargestellt werden. Nimmt man zum Beispiel die Skala Extraversion – Introversion, so wird das Ergebnis der Fragestellungen wie auf der u.a. Linie dargestellt.

PINGALA NADI IDA NADI

Abbildung A
E___________x___________________________________________________________I

Abbildung B
E_________________________________________________x_____________________I


Abbildung C
E_________________________x_____________________________________________I


Die Person in Abb. 1 ist ganz deutlich extravertiert, jene in Abb. B deutlich introvertiert. Die Person in Abb. C neigt zwar leicht zur Extraversion, hat aber auch das Potenzial der Introversion zur Verfügung. Dadurch ist sie vielseitiger und gewissermaßen auch vollkommener, weil sie das Potenzial beider Attribute anzapfen und die Energie des rechten und des linken sympathischen Nervensystems mobilisieren kann. Die Stellung des X in der Nähe der Mitte zeigt ein sattvisches Temperament, welches eine reichhaltige, balancierte und reiche Persönlichkeit, mit einem großen evolutionären Potenzial charakterisiert. Ein X in der Mitte der Linie verweist auf den begehrten Weg der Mitte, wie er auch von den alten chinesischen Meistern befürwortet wurde. Identifiziert sich ein Individuum im Gegensatz dazu zu sehr mit Attributen der einen Seite, kann es gelegentlich zu Bewegungen auf die andere Seite kommen, wodurch eine reaktive, von Zeit zu Zeit unbalancierte Persönlichkeit gekennzeichnet wird.

Der MBTI ist für Organisationen und Geschäftswelt von Interesse, weil er zum einen das Potenzial hat, das Selbstverständnis und die persönlichen Fähigkeiten zu steigern und zum anderen die Effizienz und den Einfluss der Mitarbeiter, Belegschaft und Geschäftsbetreiber verbessert. Weiters könnte ein verbessertes Verständnis angeeignete Verhaltensweisen und Regeln herausfordern, wodurch mit Hilfe solcher Innovationen alte Hypothesen und traditionelle Handlungsabläufe bereichert werden könnten.

An dieser Stelle endet die Brauchbarkeit des MBTI und die der kritischen Analyse auch schon wieder. Der MBTI zeigt uns zwar signifikante Muster einer Persönlichkeit, was auch bestimmt hilfreich ist, für eine innere Transformation ist diese analytische Methode jedoch nicht gedacht. Das Management-Training lädt die Teilnehmer ein, sich vom Einfluss der gewöhnlichen Aktivitäten zu befreien und sich Zeit für die persönliche Beobachtung und Evaluierung zu nehmen. Zurück im erbarmungslosen Konkurrenzkampf, kann das Potenzial für das persönliche Wachstum jedoch nicht verwirklicht werden, und wenn, dann nur durch bewusste Anstrengungen, was meist nur zu begrenzten Resultaten führt.

Setzt sich jemand das Ziel, ein neues Verhalten oder tiefe Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, liegen die Resultate dieser Selbstschulung meist deutlich unter den Erwartungen. Eine Veränderung zu planen, enthält nicht auch schon die Befähigung, jenseits des Gesetzes der Polarität zu gehen, durch welches die Züge des jeweiligen Temperamentes oder Charakters entstehen. Der Versuch eine andere Rolle einzunehmen, könnte sich am Ende als künstliche Manipulation erweisen. Beispielsweise könnte ein egoistischer Chef zur Verbesserung des Geschäftsergebnisses versuchen, seine Mitarbeiter zu motivieren oder seine persönliche Beziehung zu Kollegen zu verbessern. Versucht er sich um seine Mitarbeiter zu kümmern, frustriert er die eher zurückhaltenden Kollegen, welche gute Beobachter sind, da sie seine Scheinheiligkeit erkennen werden. Der Chef wird kaum tiefes Mitgefühl ausdrücken können, ohne dass sich auf der Ebene seiner Chakras etwas verändert hat. Er wird vielmehr unter seinen Mitarbeitern Zynismus züchten und der Versuch wird sich als schöner Fehlschlag erweisen. Somit kann es sein, dass im Endeffekt das Resultat schlimmer ist, als das Problem welches man eigentlich lösen wollte.

Die Menschen müssen erst entdecken, dass sich unsere Persönlichkeit nur spontan ändern kann, wenn die erwachte Kundalini auf den Chakras arbeitet. Es geschieht von innen. Nur so können wir das Risiko der Künstlichkeit und Manipulation vermeiden.

Der Archetyp auf der Ebene des Makrokosmos

Werfen wir nochmals einen flüchtigen Blick auf das Fresko, welches von den misslungenen Versuchen der Geschichte, eine höhere Synthese zu erreichen, verschandelt wurde. Die hier vorgeschlagenen Beispiele der Polarität auf der Ebene des Makrokosmos, stehen wieder in Beziehung zu den Gunas, diesen weitreichenden Orientierungshilfen, welche den Beginn der modernen Gesellschaften formte. Wir verzichten auf die Wiederholung all dessen, was über die Wahrnehmung der zweipoligen Archetypen in den Kulturen der Welt gesagt wurde, sondern fassen hier nur einige Aspekte zusammen.

STUFE 1: DIE ANTITHESE - STUFE 2: DIE THESE
(entgegengesetzte Behauptung)
- (der Lehrsatz, die Ausgangsbehauptung)

Adam, der Mann
- Eva, die Frau
Sonnenkanal
- Mondkanal
Rajo Guna
- Tamo Guna
intellektueller Koeffizient
- emotionaler Koeffizient
Yang
- Yin
Zukunft
- Vergangenheit

... oder auf der Ebene des Mikrokosmos

freier Wille
- Vorbestimmung
individuelle Geltendmachung
- Zusammengehörigkeitsgefühl
Ökonomie
- Gesellschaft
Liberalismus (Hobbes)
- Demokratie (Rousseau)
Kapitalismus (A. Smith)
- Sozialismus (Marx, Engels)
privater Bereich
- öffentliche Interessen
Kapitaleigentümer
- alle am Wirtschaftsprozess Beteiligen
(Shareholder)
- (Stakeholder)

Ob auf der Ebene des Makro- oder Mikrokosmos, das Gesetz der Polarität setzt eine beständige Wechselwirkung voraus. Auf der physischen Ebene handelt es sich dabei um ein selbstregulierendes System. Verbraucht ein Individuum beispielsweise zuviel Energie aus dem rechten sympathischen Nervensystem, so werden nicht die Organe der rechten Seite den Schaden registrieren, sondern jene, welche die linke Seite kontrollieren. Eine überaktive, auf das Denken fixierte oder aggressive Persönlichkeit wird daher anfällig für Herzinfarkte sein. Im Unterschied dazu wird eine Person mit starken Konditionierungen oder sehr starken emotionalen Bindungen zuviel Energie aus dem linken sympathischen Nervensystem verbrauchen und sich dadurch in extremen Fällen einem erhöhten Gehirnschlagsrisiko aussetzen. Aber auch auf der psychologischen Ebene finden wir das Gesetz der Polarität ähnlich wirkend. So benötigen Menschen, die durch sehr harte Arbeit oder dem Machtgier in den Sonnenkanal gelangen, eine emotionale Kompensation auf der linken Seite. Sie werden daher dazu tendieren, auf Perioden puritanisch sexueller Unterdrückung mangelnde Selbstdisziplin und sexueller Ausschweifung folgen zu lassen.

Eins, zwei, drei – das ist der Rhythmus von Wandel und Evolution. Über Eins und Zwei hinauszugehen kann sich jedoch als trügerisch erweisen. Jeder Versuch den (dritten) Zustand einer höheren Stabilität zu erreichen, führt gewöhnlich zu neuen Gegensätzen. Einige Wissenschafter, Jungianer und Anhänger der deutschen Gesitesgeschichte erkennen an, dass die Suche nach einer Gestalt, herausgemeißelt aus signifikanten Wechselbeziehungen, eine legitime Frage nach der Realität bedeutet. Der französische Philosoph Bertrand de Jouvenel beobachtete, dass der Mensch durch Bilder gezähmt werden könne und der Atomphysiker W. Heisenberg wunderte sich: „Sind Bilder nicht ein abstrakter Ausdruck von Naturgesetzen?“ Auch C.G. Jung, welcher Archetypen als abstrakte Ausdrücke psychischer Gesetzmäßigkeiten erkannte, blies in das gleiche Horn. Das trinitarische System von Handlung-Reaktion-Synthese ist in unser Unbewusstes eingeschrieben. Auch in diesem Kontext ist die tausende Jahre alte Theorie der Gunas interessant, wenn man davon ausgeht, dass diese drei grundlegenden Qualitäten alle Aspekte der menschlichen Kultur und seines Verhaltens beeinflussen. Es handelt sich um einen der mächtigsten Archetypen in der universellen Geschichte der Ideen. Handelt es sich dabei noch um Wissenschaft? Vielleicht nicht mehr ganz. Aber es funktioniert und wir können erkennen, dass die Natur, unser Gehirn und auch die Geschichte auf diese Weise funktionieren.

Sind Gegensätze erst einmal erkannt, tendieren rationale Modelle dazu, eine Synthese zu fordern, wie wir es am Gesellschaftsvertrag von Jean Jacques Rousseau sehen, welcher die Grundlage der modernen Demokratien bildet. Dieses Grundgesetz der modernen Demokratie kombiniert anders als die Wirtschaftstheorien von Adam Smith oder Lord Keynes die Interessen des Individuums mit jenen der Gesellschaft. Wir sehen, dass die Suche nach Gleichgewicht ein konstantes Merkmal unserer begrifflichen Konstruktionen ist. In der heutigen Zeit hat sich China, welches sich auf sein nach Rechtschaffenheit und Ordnung strebendes konfuzianisches Erbe gründet, zu einem Motor der Weltwirtschaft entwickelt, wobei sich die Frage erhebt, wie das riesige Land die Gegensätze zwischen den reichen Küstenregionen und der armen Nordwestregion bewältigt. Die Antwort auf diese Frage hat mit dem Wissen über das Spiel der Gunas zu tun. Das Erbe taoistischer und marxistischer Gedanken zeigt, dass die Chinesen sich solcher Dialektik bewusst sind. Sehen wir uns die Geschichte ihres Kontinents an, erkennen wir einen langen Kampf zwischen Balance und Aufruhr.

„Heiße Köpfe und kalte Herzen haben noch nie Probleme lösen können“, heißt es. Es liegt jedoch daran, dass die Organe nicht integriert sind. Anthony Giddens versuchte erst kürzlich in seinem Werk „Der dritte Weg“ eine Aussöhnung zwischen diesen Gegensätzen zu finden. Das Buch handelt von dem Versuch den Sozialismus durch ein integriertes politisches Programm mit dem Kapitalismus zu versöhnen, wobei jeder der Hauptsektoren der Gesellschaft im wechselnden Kontext der Globalisierung berücksichtigt wird. Die synthetische Dimension richtet sich an Politiker wie Romano Prodi, Tony Blair, Gerhard Schröder und Bill Clinton. Für den Leser, dem es an Verständnis für spirituelle und psychosomatische Grundlagen über die Gesetze der Dialektik mangelt, wird sich Mr. Giddens Vorschlag jedoch nur allzu leicht als Unsinn anhören. Man könnte das Konzept als gebieterische Ideologie betrachten, welche geeignet ist den Opportunismus einiger „New Labor" Politiker aufzufrischen, die bereit sind, ihren Wetteinsatz abzusichern und sich vor jeder harten Entscheidung drücken. Wahrscheinlich weiß nicht einmal Mr. Gidden selbst, dass der dritte Weg der Pfad des Sushumna Nadi in seiner eigenen Wirbelsäule ist. Vielleicht sollte die Londoner Wirtschaftsuniversität einen Kurs über dieses Thema anbieten.

Die wahre Frage der Evolution ist nämlich, ob dieser Weg irgendwo hinführt. Die Antwort könnte ja und nein sein. Sowohl Lenin als auch Mao Tse Tung haben es versucht und sind gescheitert. William Blake und Kahlil Gibran haben es versucht und Erfolg damit gehabt. Die wirkliche Antwort liegt nämlich nicht im Bemühen um diesen schwer fassbaren dritten Zustand auf psychologischer oder politischer Ebene, sondern eher darin, über den Sushumna Nadi den Zugang zum ‚Vierten Zustand’ auf spiritueller Ebene zu finden.


Der Modus Operandi

Um die besprochenen Argumente über die Gunas und die Polarität zusammenzufassen, können wir versuchen eine illustrative Liste von polaren Antwortmustern zu erstellen, ohne dass wir dazu zu viel lesen müssen. Wichtig ist nur, dass wir dabei nicht den Fehler machen und glauben, dass die Skalen gemäß dem Gesetz der Polarität aus unvereinbaren Gegensätzen bestehen. Tatsächlich sind es Pole dynamischer Spannung.

Die Polarität hat in der psychologischen, sozialen oder politischen Welt zu vielen Theorien inspiriert und Begriffe geschaffen, welche in der Folge als Reaktion eine Anzahl von Antworten oder Verhaltensweisen erforderten. Versuchen wir dies schematisch darzustellen:

Einpolige Antwort: Dieses Modell versucht den Unterschied zwischen den Polen zu eliminieren. Die Spannung oder das Dilemma zwischen den Polen wird negiert und gelöst, indem man ein Element eines Paares zum Nachteil des anderen hervorhebt. Psychologisch finden wir hier Charaktere, welche entweder anderen ihre eigene Sichtweise aufzwingen (Pingala Nadi) oder jene, welche freiwillig Bedingungen und Regeln akzeptieren (Ida Nadi). Einpolige politische oder gesellschaftliche Systeme sind intolerant und tendieren dazu, Unterschiede auszulöschen. Die einpolige Antwort kann zu Aggression, Dominanz und Konflikten führen. Sie fördert angepasstes und geselliges Herdenverhalten. Auf politischer Ebene ist die einpolige Antwort totalitär.

Dichotomische Antwort: Das Dilemma zwischen den beiden Polen wird anerkannt, aber als absolut unlösbar betrachtet. Dieses Modell bringt pessimistische Individuen mit gespaltenen Identitäten, verwirrten Zielsetzungen und einem Sinn für Entfremdung hervor, da keine Aussöhnung in Sicht ist. Solche Gesellschaften meiden gesamtheitliche Modelle, richten ihre Aufmerksamkeit auf kurzfristige Ziele und machen sich auf Konflikte gefasst. Politisch führt dies zu einem Kuhhandel, der dazu dient, schnelle Gewinne zu sichern und keine Visionen oder Langzeitstrategien bieten kann.

Synthese: Die Gegensätze der Pole können überwunden werden, indem man die Dynamik der Pole managt. Dazu ist es erforderlich Verhandlungsprozesse ständig zu aktualisieren oder infolge strategischen Denkens den Weg vorwärts zu skizzieren. Individuen lernen schnell und sind anpassungsfähig. Sozial- und Gesellschaftssysteme tendieren dazu sich ständig anzupassen, Kompromisse zu schließen und Gegensätze in Einklang zu bringen. Politische Systeme sind dynamisch und bereit auf Veränderungen zu reagieren. Leider mag es sich herausstellen, dass die synthetische Antwort in einer einpoligen Reaktion mündet, da der Bereich des Zentralkanales nicht erreicht werden konnte.

Lesen wir die Begriffspaare horizontal, erkennen wir die Dynamik der Interaktionen und Widersprüche, welche gleichzeitig die die Welt der Phänomene tragenden Segel bilden. Einige der Gegensatzpaare sind ganz einfach, wie zum Beispiel heiß und kalt oder Tag und Nacht. Die dritte, aus der Wechselwirkung der Paare resultierende Bewegung, ist schwieriger zu erkennen: Im Fall von Tag und Nacht wäre es die Morgen- und Abenddämmerung. Wird das Auf und Ab zwischen unseren Gedanken und Gefühlen immer so weitergehen? Wie weit sind wir genetisch oder kulturell konditioniert und inwieweit können wir mit der Kraft unseres eigenen freien Willens unser Schicksal steuern? Wie können wir das Anhäufen von Reichtümern durch egozentrische Beschäftigung (rechte Seite) mit der eventuellen Ausschüttung für soziale Angelegenheiten (linke Seite) kombinieren? Wir müssen erkennen, dass die Pole bestimmte Stimmungen und Neigungen bezeichnen. Versuchen wir jedoch, sie in bestimmte Muster zu pressen, ignorieren wir die Dynamik der Polarität und haben nicht verstanden, worum es geht. Jede Einheit enthält Merkmale beider Seiten, wie man es z.B. an entsprechenden ästhetischen Empfindungen sehen kann. Drücken die Werke von Chopin und Beethoven die Emotionen des Mondkanals aus, finden wir die Noten von Bach und Bartok in die Klarheit des Sonnenkanals eingebettet. Dennoch finden sich Licht und Schatten, Ordnung und Leidenschaft in allen Werken dieser Komponisten.

Lesen wir die Begriffspaare vertikal, finden wir die Morphologie oder Gestalt eines psychologischen Paradigmas, beschrieben in der Gita oder dem Werk des Historikers Oswald Spengler. Im Pingala Nadi finden wir eine Erklärung für Handlung und Eroberung, für die maskuline Welt des getriebenen, zukunftsorientierten, individuellen Egos, welches schließlich zu einem räuberischen Wirtschaftssystem führt, was auch mit der expandierenden Dynamik der westlichen Zivilisation in den letzten Jahrhunderten und einer sukzessiv starken Identifikation des Westens mit "Action" übereinstimmt. Die Helden dieses Modells sind Eroberer: Alexander der Große, Julius Caesar, Charles XII von Schweden oder Napoleon. Vom portugiesischen Weltumsegler bis zum amerikanischen Industriebaron behauptet die Kultur des Westens: „Ich handle, deshalb bin ich.“

Befindet sich eine Kultur auf der Ebene des Ida Nadis wird sie eher kollektive Ziele und gemeinsame Schicksale hervorheben und sich bemühen, gemeinschaftliche Werte und das kollektive Wohlergehen zu betonen. Einige traditionelle Kulturmodelle des Altertums sind dafür bezeichnend. Asien schätzt die Innenschau und Suche nach innerer persönlicher Erfüllung und sozialer Ordnung, wie sie sich im Buddhismus und Konfuzianismus ausdrückt. Die Hauptkräfte dieses Kontinents, und hier im Besonderen jene Indiens und Chinas, wurden nie für koloniale Unternehmungen außerhalb ihrer traditionellen Grenzen eingesetzt. Indien gab sich dem Ziel der Selbstverwirklichung hin und China investierte in die konfuzianische Suche nach Ordnung und Harmonie. In ihren politischen Modellen betonten diese Gesellschaften die Bewahrung der Gesellschaft und die soziale Werte. Typisch dafür ist auch der einheitliche japanische Firmenstil, welcher Werte wie Zusammengehörigkeitsgefühl, Zusammenhalt der Belegschaft und Loyalität zur Firma hochhält. Afrika, welches sich sozusagen auf der Ebene des linken Kanals befindet, schätzt die Vorstellung zu einer bestimmten totemistischen Gruppe, einem Clan oder Stamm zu gehören. Die feminine Welt, welche die Gefühle und Emotionen regiert, betont den Wert des Mitgefühls und des Teilens.

Natürlich sind beide Seiten notwendig. Präziser gesagt, ist jede Seite Bedingung für die gute Funktion seiner Gegenseite. Wir sind im kollektiven Superego eintragen, welches sich aus den Erinnerungen und gesammelten Konditionierungen der Vergangenheit, den gesammelten Codes für das Überleben der Spezies zusammensetzt. Ohne Zugang zu diesen Codes, welche in der linken Seite entschlüsselt werden, ohne die Fühler des Herzens, welche diesen Zugang bewerkstelligen, mag der rechtsseitige Mensch zu einer ungelenkten Rakete werden – zu einem Unterdrücker wie Timur-e Lang (der mongolische Eroberer) oder Hitler. Auf der anderen Seite wird es ohne die energiegeladene Dynamik des Sonnenkanals weder Fortschritt noch Wachstum geben. Der linksseitige Mensch stagniert in Apathie und Fatalismus, kann sogar von der nebelhaften Dunkelheit der Sucht oder der Hexerei verschlungen werden.

Um solche Extreme zu vermeiden, muss Yin in Yang fließen und umgekehrt. Die beiden Gegensätze sind nie starr, sondern interaktiv und sich ständig entfaltend. Sie stoßen sich ab, ziehen sich an und erzeugen ihre jeweiligen Gegensätze. Positionieren wir zum Beispiel den Sozialismus auf der linken Seite, müssen wir den Kommunismus schon der rechten Seite zuteilen, da sich im Kommunismus die Idee des Sozialismus in ein starres System mit einer rechtsseitigen, totalitären Unterdrückungspolitik entwickelt hat. Obwohl der Kapitalismus im Gegensatz dazu ursprünglich auf der rechten Seite zu Hause ist, kann er auch aufgrund der ihm innewohnenden Dynamik in den Zustand eines linksseitigen Sichgehenlassens (Genusssucht) führen. In seiner Förderung von Konsumgelagen und dem Prinzip der Willensfreiheit folgenden Aufgeben von Lebensstilen, feiert der Kapitalismus unsere Kapitulation vor der Vielfalt unserer Wünsche, welche wir auf die materielle Welt projizieren.

Das führt uns zu einem weiteren wichtigen Punkt. Zwischen den Polen gibt es zwei Arten von Interaktionen - eine destruktive und eine konstruktive. Das Hin- und Herpendeln zwischen rechts und links sowie das Fließen der Energien von Yin und Yang von einem Extrem zum anderen kann sich als destruktiv erweisen. Diese Bewegung erzeugt einen reaktiver Prozess, welcher in seinem Automatismus ein Subjekt überwältigen oder gar das Schicksal einer Nation kontrollieren kann. Eine konstruktive Interaktion findet dann statt, wenn die beiden Energien einander ergänzen und ein Gleichgewicht erreichen, welche sie auf den Weg zu einer reicheren Synthese führen.


Übersetzung: S.H.